Im Ayurveda lernen die Mediziner:innen, dass es einen Unterschied gibt zwischen Müdigkeit und Erschöpfung.
Wer also auf seinem Beipackzettel stehen hat "Gegen Müdigkeit und Erschöpfung" sollte dem Medikament kritisch gegenüber stehen.
Im Ayurveda unterliegt die Müdigkeit einem Überschuss an Toxinen und unreifer Materie, die vom Körper und Geist nicht verdaut werden kann, weil zu viel. Meist sind die Zustände klebrig, verfilzt und schleimig. Helle, wässrige Augen, sowie Ödem Bildungen, kaltes/schweres Gewebe, bleierne Beine, bleierne Lider. Wir haben sofort den Bezug zu Kapha und können den exakten Ort seines Ursprungs festmachen. Im Ayurveda wird Müdigkeit dem Magen als Ursprungsorgan zugeordnet, der überladen zu Schleimbildung neigt, welche sich über die Lunge den Weg zum Gefäß- und Nervensystem sucht. Eine typische Erkrankung stellt die Alzheimer Demenz dar, die sich wie viele chronisch-systemische Erkrankung 30 Jahre vor ihrem Ausbruch bemerkbar machen kann in Form von chronischer Müdigkeit. Die betroffenen Srotas, also (Wege) von Kapha sind im Lymphsystem zu finden und können veranlagt oder erworben sein, wie alle Störungen und Erkrankungen auch.
Die Erschöpfung unterliegt einem Mangel an Schmierstoffen und Fetten in allen Bereichen des Organsystems. Körper und Geist trocknen im wahrsten Sinne des Wortes aus. Man erkennt den Mangel an tiefliegenden, glanzlosen Augen, Augenringen, trockener Haut, usw. Der Betroffene empfindet eine Leere auf allen Ebenen bei Hyperaktivität der Nerven, die lautstark darauf aufmerksam machen, dass etwas fehlt. Typische Erkrankungen gehören bis auf wenige Ausnahmen zum Formenkreis psychiatrischer Erkrankungen. Die betroffenen Srotas (Wege) von Vata sind im Nervensystem angelegt oder erworben. Dem Mangel im Organsystem folgt der Rückzug in die Innenwelt und eben zu den zerstörerischen Prozessen auf materieller Ebene bis hin zum Amoklauf.
Selbstverständlich gibt es die Mischformen aus beiden Doshas - lokal begrenzt oder Organ übergreifend, auf materieller und immaterieller Ebene. Kompliziert wird es, wenn sich das dritte Dosha des Pitta hinzugesellt. Hierzu ein kleines Beispiel:
Ein Betroffener leidet unter Müdigkeit und Steifheit am Morgen (Kapha), die sich zur Mittagszeit in wandernden, brennenden Schmerz verwandelt (Vata/Pitta). Seine Arme sind schlaff und mit trockener Haut versehen (Vata), die Beine dick und geschwollen (Kapha), die Kopfhaut ist gerötet mit Pusteln übersehen (Pitta). Beim Duschen brennt die Haut (Pitta). Er kommt kaum die Treppen hoch (Kapha), seine Augen sind tiefliegend mit Rändern versehen (Vata). Abends kann er nicht einschlafen, weil er in der Nacht unter Panikattacken leidet (Vata).
Hier haben wir es mit einer Tridosha Störung oder schon manifestierten Erkrankung zu tun, die zu einer chronischen Erkrankung mutieren kann. Die Tridosha Störung zu denen alle chronischen Erkrankungen gehören, sollten in die Hände kompetenter Ayurveda-Mediziner:innen, die die Reihenfolge und Schwere der Dosha Störungen bestimmen und behandeln können.
Bei Müdigkeit, die als reine Empfindungsstörung auftritt hilft es den Magen zu entlasten durch weniger Essen, leicht verdaulichem Essen und nicht zu spätem Essen. Ein Blick auf die Schilddrüse ist immer empfehlenswert. Eine Erschöpfung, als reine Empfindungsstörung bedarf gesunder Fette und Nährstoffe, wobei eine Manifestation zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden kann. Das Problem der Erschöpfung finden wir im Ayurveda im Dickdarm. Ein Blick auf die Nebennierenrinde ist im Fall einer Vata Störung immer empfehlenswert. Meist sind die Probleme dann doch etwas komplexer und bedürfen einer genauen Betrachtung ganzheitlich arbeitender Ayurveda-Mediziner:innen, die in der Lage sind die einzelnen Fäden aufzunehmen, zu entwirren und in der richtigen Reihenfolge zu behandeln, spätestens dann, wenn mit der einfachsten Ernährungsumstellung nach zwei Wochen keine merkliche Verbesserung des Empfindens erkennbar ist.
Gabriele Oppermann
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